QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

SPASS AUF BRETT UND SEIL

Fun-Sport für Park, Schottergrube und Bett!

„Böse Zungen führen zum Streit, gute zum Orgasmus“ . Ich wollte Ihnen diese hübsche, wahre Zeile nicht vorenthalten. Außerdem: Ich will Sie ja verführen, diesen Text zu lesen und nicht gleich weiterzuklicken. Das geht halt meist nur mit plakativen Tatsachen. Die Aufmerksamkeitsspanne des modernen Menschen entspricht heute schließlich jener eines flüchtenden Zwergkaninchens. Eine veritable „Verweildauer“ erzeugt man da nur noch durch Sex and Fun! Kommen wir also zu letzterem.

Stand-Up Paddling© iStock_pedrojperez

Der Frühling ist da, der Sommer kommt, das haben Sie ja sicher auch schon bemerkt. Ich weiß: Schönes Wetter ist gleich Klimakatastrophe, aber hat ja auch seine guten Seiten. Ich habe die Ersten nämlich schon stehen sehen. Auf der stadtnahen Schottergrube zwischen Gewerbegebiet und Autobahnring: Auf ihrem Stand Up Paddel Board. Jesusgleich scheinen sie über die Fluten der Schottergrube zu bewegen. Aufrecht stehe der Mensch - auch auf den Wassern! Stand Up Paddling, das gibt jeder Schottergrube eine typisch polynesische Atmosphäre und lässt die 25stöckigen Gemeindebauten am Horizont vergessen. Der Blick von Orthopäden und Physiotherapeuten auf so manch verkrampfte Paddler-Körperhaltung ist zwar eher ein kritischer – aber was soll's. Zumindest ist Stand Up Paddling nicht so gefährlich wie beispielsweise Base-Jumping. Obwohl, ich mag ja Betätigungen, die in unserer verweichlichten Infantilwelt wenigstens lethal sein könnten. Die einzige Restehrlichkeit, die noch bleibt, ist die der Todesnähe.

Ich bin kein Base-Jumper, dafür zu feige, aber ich bin auch kein Stand Up Paddler, denn ich stehe nicht auf jeden Blödsinn, der via Marketing und PR schnell den Massenwahn auslöst. Auf dem Wasser bevorzuge ich noch immer das gute alte Tretboot (mit Badeleiter!) Ein Riva-Boot ist für mich finanziell nicht drin, wäre mir aber auch zu schnell und viel zu lifestylish. Und noch dazu sowas von 90er-Jahre last century. An Bord eines Tretbootes mit Obst, einer geräucherten Renke (das ist ein Fisch!) und einem kühlem „Gösser Natur Radler“: Ein Hochgenuß! Luxus pur! Sie glauben ja nicht wie viele Stunden, Tage, Wochen, Monate Sie ein Tretboot mieten können, im Vergleich zu den Anschaffungskosten eines Stand Up Paddle Bretts. Okay, kann man auch mieten – ist aber auch dann teurer als das Tretboot, weil eben hip und cool.

Luxus und Glück, das geht so einfach. Ein Korn im Feldbett, wie schon Jürgen Drews ganz ähnlich sang. Glück braucht nicht die Strände der Malediven. Außerdem sind Flugreisen ohnehin out.  Deshalb zuhause bleiben! Im Garten oder im städtischen Park. Auch da kann man Fun-Sport treiben. Aus ähnlicher Sehnsucht wie beim Stand Up Paddling – nämlich über schnöder Materie wie Wasser und Erde zu schweben – muss das Slacklinen entstanden sein. Man braucht dafür zwei Bäume und ein Seil, das man dazwischen spannt. Geht aber auch ohne Bäume: Dann kauft man sich für lächerliche 359,00 Euro ein Gibbon Classic Slackline-Gestell, pflanzt das in den heimischen Rasen und spannt von einem Ende zum andern ein Seil, um eben genau darauf zu gehen, zu stehen oder dies zumindest zu versuchen. Merke: 15 cm über dem Erdboden: Gefahr einer Knöchelverstauchung. Ab 30 Zentimetern: Möglichkeit eines Beinbruchs. Spannt man das Seil zwischen zwei Berg- oder Kirchturmspitzen oder sonstigen Twin-Towers kann’s tödlich werden. Armin Holzer aus Südtirol R.I.P.!

Spannen Sie also das Seil auf niedriger Höhe im Garten oder Park. Die Ambulanzen der Krankenhäuser sollen ja auch am Wochenende ausgelastet sein. Oder bleiben Sie am besten am Boden. Versuchen Sie es doch mal mit einer ganz aus der Mode gekommenen Körperbewegung, mit dem Gehen, ja, dem Wandern. Dafür braucht man nicht mal Stöcke von Leki und (falls es doch schweißtreibend wird) Funktionskleidung von Patagonia. Simplify your Tatendrang! 10.000 Schritte Bewegung täglich sind fein und das können Sie auf der App Ihres Smartphones kontrollieren. Sie wissen ja: Innere Schweinehunde die bellen, beißen nicht. Fazit: Wir sollten uns mehr bewegen - körperlich und geistig. Und sich zu bewegen heißt nicht, jedem neuen Fun-Sport hinterherzuhecheln.

Beenden wir diese Kolumne wie wir sie begonnen haben, mit Sex. Der ist eine gute Kombination von Fun und Sport. Und kann auch verdammt extrem sein. Zum Beispiel: Lieber 5 vor 12 als keinen nach Mitternacht . Chacun à son goût.

#pascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims. 
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