QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

Frauen und Wasser

Frauen sind von Natur aus wasserscheu . Weil wir Männer das wissen, lassen wir ihnen bei Schiffsuntergängen stets den Vortritt beim Besteigen der Rettungsboote. Ich würde vielleicht vorher die zu Rettende noch fragen, ob sie auch begeisterte Leserin meiner Kolumne ist. Falls ja, ist ihr noch schnellerer Vortritt gewiss. Aber auch jenseits solcher Extremsituationen, bei denen der Sozialdarwinismus das sonst so komplizierte Mann-Frau-Verhältnis mit einem klaren „Frauen zuerst“ klärt, beweisen wir Männer mehr Liebe zum kühlen Nass.

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Sicher, es gibt Ausnahmen. Sport- Schwimmerinnen oder auch jene seltsamen, Synchronschwimmerinnen genannten Wasserballettmädels. Es gibt auch noch Meerjungfrauen und Rheintöchter und Wassernixen. Allesamt mit Fischschwanz. Aber diese weiblichen Extremkreaturen sind und bleiben Ausnahmen und bestätigen mir nur die Regel: Frauen haben zum Wasser nur dann einen engen Bezug, wenn es sich bei dem H2 O um ein teures stilles Mineralwasser handelt, um ihr Fruchtwasser oder um das plätschernde Nass in einem SPA.

Ja, bei diesen drei Buchstaben, der Abkürzung des lateinischen Sanitas per Aquam– Wohlbefinden durch Wasser - leuchten Frauenaugen voller Glück. Ebenfalls leuchten ihre Augen, wenn sie sich ab September hauptsächlich in der Badewanne aufhalten und auch im übrigen Jahreslauf so unendlich lange duschen, dass ich um die Höhe meiner nächsten Heizkostennachzahlung bange. Ich vermute in diesem Tun Historisches und zeige mich verständnisvoll: Österreicherinnen kompensieren mit exzessiven Badewannen- und Duschorgien wahrscheinlich den Verlust des ehemals direkten Zugangs ihres schönen Landes zum Mittelmeer. Aber sonst, in Bezug auf Wasser geben sich Frauen eher trocken und bedeckt. Beweise?

Schon als kleine Buben planschten wir Männer lieber als die Mädchen. Wir stellten Rekorde im Luftanhalten beim Tauchen auf, während Mädchen darüber jammerten, dass sie Wasser in die Ohren bekommen. Wir vollführten martialische Kunststücke: Hechtsprünge (mindestens vom Dreier), oder (vulgo) Arschbomben (mindestens vom Fünfer), während Mädchen höchstens vom Beckenrand sprangen, wobei sie es tatsächlich schafften, gleichzeitig zu kichern und sich die Nase zuzuhalten. Später machen Männer statistisch gut zwei Drittel aller Mitglieder in Schwimmvereinen aus, und der Umsatz von Neoprenanzügen wird sogar zu drei Vierteln von Männern erzielt. Da diese Käufer nicht ausschließlich Gummifetischisten sein können, frage ich mich und Sie, liebe beauty.at-Leserin: Warum lieben wir Männer Wasser so viel mehr? Neptun war ein Mann, und ein Sternzeichen namens Wasserfrau ist sogar bei politisch korrekten Hardcore-Feministinnen unbekannt.

Vielleicht wollen Männer schwimmend bei Frauen Eindruck schinden? Wieder einmal! Mit Wasser geht das ja ganz gut, denn das Beherrschen der Elemente ist per se immer Männersache. Das kann man übrigens auch beim Thema Feuer beobachten. Weibliche Pyromanen sind eine Seltenheit, und am Grill haben Frauen ja sowieso nichts zu suchen. Gar nichts (dazu lesen Sie mehr in einer anderen Kolumne).

Im Sommer kann ich das wieder beobachten: Da radeln Frauen mit ihren Isomatten, dicken Taschenbüchern und Peoplemagazinen im Fahrradkörbchen an Bäche, Flüsse und Seen – aber sie gehen nicht rein in diese Bäche, Flüsse und Seen. Frauen liegen auf den Wiesen der städtischen Freibäder – aber nicht etwa, weil sie schwimmen wollen. Denn ins Wasser können sie weder ihre Modemagazine noch ihre Suncare-Flasche mitnehmen. An südlichen Gestaden das gleich Bild: Von ihrem wundervollen Körper halten sie ab und zu ihre wohllackierten Zehennägel in die Fluten, um sich danach sofort wieder auf ihr Badelaken zurückzuziehen.

Ich versuche Euch ja von den Stränden des Mittelmeeres bis zu jenen Thailands zu verstehen: Die Chance, einem fliegenden Händler mit falschen Louis-Vuitton-Taschen, Ray-Ban-Brillen und Gucci-Hütchen zu begegnen, ist am Strand deutlich größer als im Meer. Sie werden jetzt meine Beobachtungen von sich weisen. Natürlich. Doch mir klingen dabei nur Eure perfekten Ausreden im Ohr: Das Wasser sei zu kalt, zu warm, zu bewegt, zu viele Algen hier, zu viele Seeigel dort, zu viele Strudel ­– und sowieso viel zu nass. Es ist so: Frauen machen nun einmal lieber Wellness statt Wellnass.

Ich glaube, es gibt dafür auch eine ziemlich simple Erklärung. Beim Schwimmen sieht niemand Euren neuen Bikini oder teuren Badeanzug. Ja, Wasser macht alle Menschen irgendwie gleich. Nur der Kopf schaut raus. Für die weibliche Eitelkeit ist das absolut kein Zustand. Von Rembrandts badender Hendrickje bis zu Ursula Andress entfaltet sich die Wirkung einer Frau nicht nur für James Bond erst außerhalb des Wassers. Oder kennt jemand Fotos von der schwimmenden Pamela Anderson, die irgendwie interessant sind? Auch „Baywatch“ war für Pam in erster Linie ein trockener Dreh. Was ich übrigens nie bedauert habe.

So werden wir Männer weiterhin den Umgang mit dem Element Wasser zum Protzen nutzen. Bestätigt findet sich diese, meine These übrigens im Buch „Schönheit, eine Wissenschaft für sich“ (Berlin-Verlag 2006). Sein Autor, der Sozialforscher Ulrich Renz, beschreibt darin ein Experiment: Werden Männer in einem Versuch angewiesen, ihre Hand in eiskaltes Wasser zu tauchen, so halten sie bei einer attraktiven Frau als Versuchsleiterin fast doppelt so lange durch. Ja, manchmal musste die Versuchsreihe sogar abgebrochen werden: Wir Kerle lassen uns lieber die Flossen abfrieren, als dass wir als verweichlicht gelten und sie aus dem Wasser ziehen.

Wollen wir Männer also paarungsbereiten Weibchen imponieren, indem wir ins eiskalte Wasser springen? Es sieht leider ganz so aus. Und führt auch zu einem guten Männerwitz unter Frauen: Was sagt ein Mann, der bis zum Bauchnabel im Wasser steht? Das geht über meinen Verstand. #quietwordspascalmorche

Pascal Morché

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