QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

GEIST IST GEIL

Wenn Sie schon immer Sex mit Albert Einstein haben wollten und wenn Sie die Nietzsche-Gesamtausgabe erotisch mehr stimuliert als jeder Porno, dann sind Sie vielleicht „sapiosexuell“.

Sapiosexuell

Heute treiben wir mal ein wenig Hirnforschung. Intelligente Menschen, also kluge Frauen und Männer, es muß sie geben! Nur ist es natürlich nicht einfach sie zu finden, denn der IQ sagt ja rein gar nichts. Ja, wann ist denn jemand wirklich „klug“? Wann ist er „gebildet“ zu nennen? Wann ist er eher „clever“? Also, ich kenne Menschen, die sind gebildet, aber nicht klug; und solche, die sind klug, aber ohne jede Bildung. Ja, und dann gibt es Leute, die sind so clever, dass man vor ihrer Dummheit und Unbildung schreiend die Flucht ergreift. Ich zumindest.

Also: Kluge Menschen sind toll, ja, sie sind sexy und begehrenswert. Das ist ja nichts wirklich Neues. Wenn sich jemand wie Josef Penninger mit der Isolierung eines Gens zur Regulierung der inneren Uhr bei Mäusen beschäftigt und beweist, dass Osteoporose genetisch veranlagt ist, dann muß dieser Mann schon verdammt intelligent sein.  Nun, wir kennen die Avancen nicht, die Frauen einem Wissenschaftler machen, oder einem erfolgreichen Unternehmer. Einem, der sich schon eine Erfindung patentieren liess. Die Atombombe zum Beispiel, den Reißverschluss oder ganz einfach Eismarillenknödel. Die Patentnummer AT271164 erhielt Kurt Tichy 1967 für die Erfindung seiner Eismarillenknödel. So jemand wie Tichy mit solch einer grandiosen Idee für ein solch wundervolles Produkt war nicht blöd, so jemand war verdammt sexy. Oder: Hannah Arendt benutzte ihr Gehirn sicherlich mehr als Pamela Anderson – aber wer der Beiden macht einen sexuell mehr an? Wenn Sie, geneigte Beauty.at-Leserin lesbisch und sapiosexuell sind, dann sagen Sie Hannah Arendt! Und so Sie nicht lesbisch sind, so finden Sie auch Armin Wolf geiler als Markus Lanz, und Joachim Meyerhoff deutlich erotischer als Boris Becker. So einfach ist das.

Im weltumspannenden Netz tauchte das Wort „sapiosexuell“ zuerst auf. Sapiosexuell (lat. sapiens = klug, weise) bedeutet im Kulturwörterbuch der sexuellen Spielereien und Spinnereien eine sexuelle Orientierung, die in erster Linie auf den Verstand eines anderen Menschen denn auf dessen Körper ausgerichtet ist. Hohe Intelligenz, nicht körperliche Attraktiviät ist geil. Also: brain statt six-pack! Cerebrale Fitness statt Muckibude! Bibliotheken statt Pornokinos! Wer sapiosexuell ist, der weiß, dass der Terminus „dumm fickt gut“ völliger Schwachsinn ist. Ja, dass nichts geiler ist als beim Geschlechtsverkehr Rilke zu zitieren, indem man seine Erektion mit den Worten „mir wächst ein Baum in meinem Schamgehölze“ kommentiert, um dann nach dem Sex gleich fünf verschiedene Tristan-Einspielungen zu vergleichen. Da nun also endlich klargestellt ist, dass das Hirn das größte Geschlechtsteil des Menschen ist und so ein Brainfuck die wahre sexuelle Befriedigung garantiert, dann kann sich ein tumber Tor nur noch daran klammern, dass eine Intelligenzbestie wenigstens immer noch eine Bestie ist.

Der Fleischhauer empfiehlt noch immer Herz, aber jetzt auch wieder zunehmend Hirn. „Nymphobrainiacs“, das ist jener Fachausdruck, der für Frauen kreiert wurde, die wie Journalistin Marion S. sagen: „Wenn mich ein Mann auf intellektueller Ebene herausfordert, werde ich tatsächlich feucht.“ Marion S. würde auch mit einem hässlichen Mann Sex haben wollen „wenn er denn nur intelligent ist“, ja sogar miese Charaktereigenschaften werden bei Intelligenz entschuldigt „Ein intelligenter Mann wirkt auf mich so anziehend, dass es mir egal ist, ob er ein Arschloch ist.“ Ich möchte Marion S. zurufen und sie dringend davor warnen, mit diesem erotischen Beuteschema sapiosexuell durch die Welt zu gehen: Ich glaube nämlich wirklich nicht, dass Harvey Weinstein blöd ist.

Wenn also der IQ des Elefantenmenschen, des Golem oder von good old fucking Frankenstein auch nur etwas höher liegt als bei einem durchschnittlichen RTL-Zuschauer, dann will Frau - so sapiosexuell veranlagt - mit dem Monster ins Bett. Und wenn sie ein Kind will und dem Mann, dem sie dafür das Sperma aus den Lenden zu pressen trachtet, beglückt prophezeit: „Liebling, ein Kind von Dir, meine Schönheit und dein Hirn!“, dann sollten beide immer einkalkulieren, dass die Vorzüge später beim Kind auch genau umgekehrt verteilt sein könnten. Übrigens haben Forscher einer mexikanischen Universität das Sperma von 400 Männern getestet und herausgefunden, dass jene Männer mit einem höheren Intelligenzquotienten auch das gesündere Sperma hatten.

Ja, wie hätten wir es denn gern : Asexuell, bisexuell, pansexuell, omnisexuell, androsexuell, gynosexuell, autosexuell, demisexuell, cissexuell, transsexuell, intersexuell, oder eben sapiosexuell? Wen die Adjektive verwirren, den animiert ihr Beauty.at-Kolumnist hier mal wieder zum googlen. Dennoch, eine Erklärung für Sapiosexualität will ich Ihnen nicht vorenthalten. Wahrscheinlich ist dieser Fetisch aus der Not geboren, sich auch sexuell der flächendeckenden Verblödung zu widersetzen. Der Apotheose materieller Äusserlichkeiten will man die Stirn mit Hirn bieten. Fitnesswahn und TV-Sendungen wie Bachelor oder Bachelorette führen bei einigen Menschen dazu, wieder „innere“ Werte wie Vernunft und Verstand begehrenswert zu finden. Außerdem ist Sapiosexualität nur eine weitere Variante des alt bekannten Sado/Maso-Systems. Grundsätzlich findet ja der oder die Blödere den oder die Schlauere(n) geil und nicht umgekehrt. Depp oder Deppin fühlt sich vom Eierkopf angezogen; nicht zuletzt auch aus Eitelkeit. Es geht wie immer um Macht (sic Harvey W.) Und, das wissen wir ja alle, Wissen ist Macht.

Ich habe mit der (intellektuellen) Macht einer Frau keine Probleme. Ich finde es einfach wundervoll, wenn eine Frau schön und intelligent ist; und wenn sich die Absatzhöhe ihrer Schuhe dann proportional zur Höhe ihres IQs verhält, ist’s umso besser.

#pascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims. 
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