QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Ich sauge gern!

Es gibt Staubsauger und es gibt Dyson-Staubsauger. Letztere sind bei der Hausarbeit das pure, weil beutellose Glück.

Dyson Staubsauer© Dyson

Versuchen Sie nur eine passende Druckerpatrone oder einen passenden Staubsaugerbeutel zu kaufen. Schon wissen Sie: Die Welt ist äußerst kompliziert und komplex. Manchmal ist die Welt dann sogar zum Verzweifeln, weil eben die kleinen Dinge einem das Leben zur Qual machen können. Der Staubsaugerbeutelkauf zum Beispiel; oder ein Langstreckenflug in der falschen Unterhose. Auch er kann Tortur pur sein.

Gut, dass es Forschung und  Wissenschaft gibt. Gut, dass Frauen und Männer, die sich in ihrer Arbeit dem Tuberkulosebazillus, den Röntgenstrahlen, der Radioaktivität oder der Doppelhelix widmen, mitunter mit dem Nobelpreis bedacht werden. Aber die Welt ist noch lange nicht genug erforscht. Nicht minder begrüßenswert sind Auszeichnungen von Forschungsarbeiten, die sich mit dem „Einfluss von Erdnussbutter auf die Erdrotation“ (Marc Abrahams) befassen oder die den wissenschaftlichen Nachweis erbrachten, „dass Toastbrotscheiben immer auf die gebutterte Seite fallen“ (Robert Matthews).

Der faustische Forscherdrang des Menschen macht eben vor nichts halt. Gut so! Verdanken wir ihm doch unseren Fortschritt. Verdanken wir ihm unser Glück, es aus der jungpaläolithischen Höhle von Lascaux auf das Sofa im 25. Stock von Alterlaa gebracht zu haben. Wir wissen nicht, was unsere Urmenschen im Haushalt für Mühen unternahmen, wenn sie sich vor 300.000 Jahren mit jenen zusammengeballten Staubflocken („Wollmaus“, resp. östr. „Lurch“) unter der Sitzlandschaft konfrontiert sahen. Wir wissen aber, dass ein Herr namens Ives W. McGaffey aus Chicago 1869 ein Patent auf einen handbetätigten Staubsauger mit außenliegendem Filterbeutel bekam.

Seither heißt’s „dem Lurch keine Chance!“ Es wird gesaugt und für mich ist Saugen geradezu eine Passion. Besonders jener Moment, da aufgesogene kleine Teile wie Büroklammern oder getrocknete Tannennadeln im Staubsaugerrohr dieses zärtliche Geräusch des Kitzelns erzeugen, gibt mir eine tiefe innere Befriedigung und ein Wissen um Endgültigkeit wie es nur noch Beethovens späte Streichquartette vermitteln können. Wäre da nicht das lästige Thema der richtigen, der passenden Staubsaugerbeutel.

Es geht auch ohne! Gepriesen sei der britische Ingenieur James Dyson, der 1985 nach dem Zyklonprinzip den beutellosen Staubsauger entwickelte. Ich bin weder Physiker noch Ingenieur, sondern nur ein begeistert saugender Autor, deshalb mag (und kann) ich Sie, geneigte Leserin, nicht mit technischen Details konfrontieren, die einen Staubsauger von Dyson zum besten Haushaltsgerät machen, dass es neben KitchenAid überhaupt gibt. Nur soviel: Dass Dyson Staubsauger auf Beutel verzichten können, hat irgendwie mit Zentrifugalkraft, mit Fliehkraft zu tun, also mit jenen Kräften, die in der Meteorologie Wirbelsturm oder Zyklon genannt werden. In Proportion und Eleganz kann kein anderer Sauger einem Dyson den Staub reichen. Das elegante, schlanke kabellose Modell Dyson Cyclone V10 Absolute , für Tatortreiniger viel zu chic, wollen wir nur kurz erwähnen. Vielmehr wollen wir uns dem Klassiker der beutellosen Bodenstaubsauger widmen, dem Modell Dyson Cinetic Big Ball Absolute 2 . Was an ihm der Laie wahrer Saugkultur für Kabel hält, die zu Zündkerzen führen, das sind in Wahrheit kleine, Zyklone erzeugende Düsen, die uns in den absoluten HighEnd-Bereich modernen Saugens katapultieren.

Unfälle mit einem Dyson-Staubsauger sind nicht bekannt. Weder im Haushalt noch in der Sexualität. "Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern" ist schließlich eine Dissertation des Urologen Michael Alschibaja Theimuras aus dem Jahr 1978. Der Autor untersuchte acht Fälle aus der urologischen Abteilung des Klinikums Rechts der Isar in München, fünf Fälle aus dem städtischen Krankenhaus Rosenheim und drei Fälle aus dem Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-St-Georg, bei denen Verletzungen des Penis infolge von Masturbation mittels eines Staubsaugers festgestellt wurden. In allen Fällen, in denen das verwendete Gerät bekannt war, handelte es sich um das Modell Kobold der Firma Vorwerk. Der Autor erklärte die Unfähigkeit der Betroffenen, die Gefahren dieser Masturbationspraxis zu erkennen, mit ihrem ausschließlich niedrigen Bildungsstand. Und nach dieser Doktorarbeit lernte auch die Industrie dazu: Vorwerk wurde durch die Dissertation des Autors erst auf das Verletzungsrisiko aufmerksam gemacht und änderte Ende der 1970er Jahre die Konstruktion des Modells Kobold so, dass die beschriebenen Verletzungen mit den seither produzierten Geräten nicht mehr auftreten sollen.

James Dyson ist ein Mann, der das Saugen revolutionierte. Das muss gesagt und geschrieben werden, gerade jetzt in unserem postfeministischen Zeitalter, indem Männer für so ziemlich alles Schlechte verantwortlich gemacht werden. Inzwischen wissen wir, Männer erleichtern nicht nur die Hausarbeit, sie leisten sie auch! Denn ein Mann und sein Dyson-Sauger, das ist zu einer Einheit verschmolzen, wie ein Mann und eine Harley , oder ein Mann und ein Kärcher . Und dass Dyson auch von anderen Alltäglichkeiten eine ganze Menge versteht, das erleben wir, wenn wir beglückt und für nur wenige Sekunden unsere Hände in einen Dyson-Händetrockner stecken – aber das ist eine andere Geschichte.

#pascalmorche

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine "Lesungen der besonderen Art" haben Kultstatus. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims. 
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