QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

Trittsichere Männer – wo sind sie?

Die Peinlichkeit am Männerfuß heisst meist Herrenschuh

Ludwig Reiter© Ludwig Reiter (c) JamieMcGregorSmith

ZUERST EIN DANKE IN EIGENER SACHE!
Ihr Frauen Österreichs blickt auf diese Worte, lest diese Sätze, klickt diese Kolumne! Ihr Frauen Österreichs, Ihr habt entschieden. Diese vierzigste Kolumne wird nämlich nicht die letzte sein
, denn Ihr wundervollen, mir geneigten Leserinnen möchtet, dass ich weiterschreibe. Ich danke Euch/Ihnen allen. Ich danke für die Leserbriefe, für die emails und für die vielen erigierten Daumen auf facebook. Danke für diese Likes, für den Zuspruch auf meine bange Gretchenfrage: Wollt Ihr, dass ich hier weiterschreibe? Ach, tut das gut, dass Ihr es wollt! Dass ich Euch/Sie auch weiterhin auf lustige Weise hier vor Männern warnen kann, indem ich weiterhin über zwischenmenschliche Reibungspunkte berichte und schlimme Dinge meiner Geschlechtsgenossen aufdecke. Manchmal sogar ganz schlimme. So wie heute. Da geht es um Männer und ihre Schuhe.

Zunächst: Wäre ich, Ihr beauty.at-Kolumnist eine Frau, ich trüge die längsten Overknees , die mutzenbachersten Knopfstiefelchen, die swarovskisiertesten Bikerboots, die coolsten Sneakers, die höchsten Highheels, die besticktesten Cowboystiefel, die schärfsten Riemchensandalen, die elegantesten Pumps... Und wenn ich von Louboutin und Jimmy Choo nur träumen könnte, so erfüllte ich mir eben meinen bezahlbaren Schuhwahnsinn bei Buffalo. Leider aber bin ich ein Mann. Und als Mann sehe ich davon ab, mir Pumps in Schuhgröße 44 zu kaufen. Denn an den Füßen Frau zu sein, dabei aber doch im Kopf ein Mann zu bleiben, das ist mir zu kompliziert: Ich tauge also nicht zum Crossdresser.

Allerdings bin ich voll des Neids, dass Frauen ihrem Schuhtick hemmungslos nachgehen können. Es mag machmal unbequem sein, mit der zwängenden Enge der Stiefel und der wackeligen Höhe der Schuhe und deshalb will ich hier auch noch schnell das Zitat des Dichters Gustave Flaubert unterbringen: „Was Frauen wirklich leiden, wissen nur Schuhmacher und Gynäkologen“. Das größte Leid diesbezüglich aber verursacht bei Frauen ihr weiblicher Blick auf die Schuhe der Männer. Oh Gott!

Während Männer in Autos und deren Extras Geld investieren oder während sie es auch gerne für Armbanduhren ausgeben, ist ihnen jedes Gefühl für die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Schuhe unbekannt. Trotz nun schon 40jährigem Lifestyle-Brainwash ist es ihnen verborgen geblieben, dass ihre ausgelatschten Slipper an den Füßen weder Halt noch Haltung geben. Männer wissen nicht, dass geklebte italienische Samba-Schleicher den besten Anzug zerstören. Männer glauben immer noch, Italien (und nicht England) sei ein Land, um Männerschuhe zu kaufen und sie greifen dann dort auch noch zu den ganz fiesen, arkadischen Modellen: jenen mit Ledergeflecht.

Während Männern ziemlich klar ist, dass ein SUV als Allrad auf steiermärkische Waldwege und ein Alfa-Spider auf die Amalfitana  gehört , tragen sie Sommerslipper im Schneematsch und Schuhe mit Kreppsohlen im Büro. Seltsam: Männer interessieren sich für die Felgen ihres Autos, aber nicht für die Schuhe an ihren Füßen. Dabei sind, was die Optik jeglicher Bodenhaftung betrifft, Felgen und Schuhe doch gar nicht so weit von einander entfernt.

Es ist für Frauen zum Heulen und für mich zum Fremdschämen : Wann sieht eine Frau einen Mann mit guten Schuhen? Wann trifft sie einen Mann, der für seine Schuhe wenigsten 300 Euro bezahlt hat? Ich predige hier keinen Snobismus. Männerschuhe müssen nicht von John Lobb aus London oder von Materna aus Wien stammen; nicht einmal Eduard Meier in München oder Ludwig Reiter in Wien müssen die Hersteller heißen, auch nicht Church’s oder Alden (um jetzt einigermaßen die edelsten Schuhhersteller runtergebetet zu haben). Wunderschöne, hochklassige Männerschuhe gibt’s auch bei Prime Shoes und in ähnlichen Geschäften.

Nur: Ihr Frauen leistet bitte Missionsarbeit , macht endlich den Männern erzieherisch klar, dass Schuhe beim Mann das wichtigste Kleidungsstück sind, und dass das perfekteste (männliche) Erscheinungsbild schlagartig zerstört wird, wenn sie schlechte, billige, ausgelatschte, ungeputzte Schuhe an den Füßen haben. Es wäre für Männer oftmals besser, barfuß oder auf Socken durchs Leben zu gehen und dies mit religiösen Gründen oder paranoiden Ängsten vor Gepäckdiebstahl zu entschuldigen, als auf billigen Tretern Frauen zu begegnen.

Nein, hier kommt jetzt nicht der Kleidungs-Knigge: welche Schuhe zu welchem Anlass? Das konnte man vor 30 Jahren in der MännerVogue lesen und heute in GQ. Hier steht keine Kappen- und Noppenkunde und deshalb verzichte ich jetzt auch darauf, den Unterschied zwischen Brogues und Oxfords, zwischen Budapestern und Loafer zu erklären. Ihr wundervollen Frauen macht den Männern nur endlich klar, dass gute Schuhe länger halten als ein Auto. Dass gute Schuhe nicht billig sind und dass gute Schuhe einen Mann erst zu einem guten und gut aussehenden Mann machen.

Und auch das noch: Erklärt den armen Männern, dass Schuhe geputzt sein müssen ; ja, dass Schuhputzen eine geradezu meditative, kontemplative Tätigkeit ist und das diese Tätigkeit exzessiv betrieben dem Menschen erst offenbart, warum wichsen wichsen heißt. Übrigens: das wirkliche Finish ist erst mit einem Frauenstrumpf möglich, mit dem man genußvoll Männerschuhe auf Hochglanz poliert.

Frauen ernten oft, viel zu oft, mein Mitleid, wenn es um Männerschuhe geht. Denn der wissende Blick einer klugen, kultivierten und erfahrenen Frau führt als erstes bei einem Mann auf die Schuhe. Und dann erkennt sie in Sekundenschnelle alles und bleibt meist weiterhin Single, kauft Katzenfutter und trinkt mit der Freundin noch mehr Prosecco. Muss das sein? #quietwordspascalmorche

Pascal Morché

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