QUIET WORDS

Betrachtungen des ultimativ Weiblichen

Pascal Morché

QUIET WORDS ist die gar nicht so stille Betrachtung des ultimativ Weiblichen, eine politisch unkorrekte Kolumne, deren Verfasser die Frauen kennt, sie liebend gerne beobachtet und seine Gedanken hier exklusiv niederschreibt.

Der bekannte Journalist Pascal Morché gilt als pointierter Autor, seine Kolumnen und Kommentare in führenden Tageszeitungen und Magazinen wie FAZ, SPIEGEL, die ZEIT und FOCUS zu Themen der Gesellschaft, Mode, Kunst und Kultur sind legendär. Seine Bücher "365 Tage Fashion" gelten als Bibel für Fashion Victims.

BLUMEN SCHENKEN

Männer schenken gern Blumen, bekommen selbst aber erst welche geschenkt, wenn sie tot sind. Ich vermute, es ist ein Akt der Rache, der Frauen dazu treibt, unser Grab so uniform immer nur mit Stiefmütterchen, Geranien oder Begonien zu bepflanzen – von den praktischen „Bodendeckern“ ganz zu schweigen. Die Grabflora ist verständliche Rache für die vielen, geschmacklich zweifelhaften Blumenpräsente, die wir Männer den Frauen im Laufe unseres Lebens gemacht haben.

Rosen

Zugegeben, so mancher dieser geschmacklosen Blumensträuße , die Männer zwischen Frostschutzmittel und Grillkohle an der Tankstelle kaufen, zeugen nicht gerade von großer Phantasie und kreativer Flower-Power. Meist sind diese trostlosen Buketts in Alufolie gefasst, welche - selbst als Blume geschnitten - den armseligen Strauß umrahmt. Männer beweisen leider selten ein Gefühl dafür, dass solch ein Tankstellen-Gebinde ebenso wenig elegant ist wie ein Strauß Tulpen für einsneunundneunzig an der Billa-Kasse. Und auch jene floralen Notlösungen – „fünf Rosen mit Schleierkraut, damit’s nach mehr aussieht“ – sind nicht gerade das, was sich Frauen im Allgemeinen und anspruchsvolle beauty.at-Leserinnen im Besonderen wünschen.

Durch pausenloses Lifestyle-Training ästhetisch geschult, wissen wir Männer zwar mittlerweile, dass eine Vase mit Blumen auf der Kommode schöner aussieht als fünf Flaschen Heineken – selbst wenn die noch voll sind. Doch unser Umgang mit Blumen bleibt trotzdem hilflos. Ja, ich möchte sogar behaupten, dass die immer wieder gern zitierte Geschichte des Playboys Gunter Sachs (R.I.P.) nur die Krönung unserer Phantasielosigkeit in Bezug auf Blumenpräsente darstellt: Aus Liebe ließ der Multimillionär 3.000 rote Rosen von einem Hubschrauber aus auf das Haus von Brigitte Bardot regnen. Nun: Wer kann, der kann – aber er muss es eben auch wirklich können. Und außerdem: Eine einzige Rose kann mitunter ein besserer Köder, ein höflicheres Danke oder auch ein deutlicheres „Ich will dich!“ sein als der klassische 100-Euro-Strauß. Von der spektakulären Flower-Power-Aktion des Herrn Sachs ganz zu schweigen.

Vor zweihundert Jahren mussten sich Männer beim Verschenken von Blumen noch deutlich mehr anstrengen. Der damaligen Mode folgend, hatten sie zumindest einen crashkurs zu absolvieren, um wenigstens die Grundregeln der damals komplizierten, doch durchaus gebräuchlichen Blumensprache zu erlernen. Noch im 18. Jahrhundert hatte jedes Gewächs seine eng umrissene Bedeutung. Tulpen: „Du bist zu keiner echten Empfindung fähig.“ Astern: „Von deiner Treue bin ich nicht überzeugt.“ Sonnenblumen: „Du bist mir zu anspruchsvoll.“ Veilchen: „Du bist sehr bescheiden.“

Bei einigen tausend Blumenarten im mitteleuropäischen Raum ist diese Sprache ziemlich kompliziert. Zu kompliziert für heutige Männer. Leider. So bleiben sie stumm und sagen deshalb nichts, oder zumindest nicht viel durch die Blume. Weil sie es eben nicht können.

Günstigstenfalls haben wir Männer irgendwann mal gelernt, dass man einer verheirateten Frau besser keine roten Rosen schenkt. Also gehen wir zu Fleurop und hoffen, dass die schon alles richtig machen werden mit dem Bukett. Oder wir drücken der Sekretärin Geld in die Hand, wobei wir dabei nie vergessen, ihr zu sagen: „Lassen Sie sich eine Quittung mit ausgewiesener Mehrwertsteuer geben!“ Denn noch bevor die Stängel im Wasser stehen, denken die meisten Männer daran, wie sie die Blütenpracht von der Steuer absetzen können. Natürlich als Werbungskosten – im allerwahrsten Sinne des Wortes.

Ja, das ist die traurige Wahrheit: Männer verstehen nicht viel von Blumen. Leider, muss ich sagen. Denn schließlich ist es in der klassischen Komödie wie im Krimi verdammt oft der Gärtner, der neben den Blumen auch die Dame des Hauses pflückt. Vielleicht sollten Männer wieder mehr gärtnern lernen. Von Fürst Pückler bis zu Herrn André Le Nôtre, jenem berühmten Gartengestalter Ludwigs XIV., war das ja einmal ein bedeutender Männerberuf. Tempi passati –. Nein,  natürlich nicht bei mir. Meine Balkonbepflanzung solltet Ihr sehen! #quietwordspascalmorche

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