Der Mann als Studien-Objekt

Das Selbstverständnis der neuen Männlichkeit

Männer sind wie Austern - sie geben ungern etwas von sich preis und stehen daher bevorzugt im Fokus von Studien und Umfragen, um ihren Vorlieben auf die Spur zu kommen. Vor allem in Bereichen wie Kosmetik, in denen das starke Geschlecht deutlichen Aufholbedarf zeigt.

Das neue männliche Selbstverständnis© iStock_Laflor

Die metrosexuelle Periode hätten wir weit  hinter uns gelassen, Machos und Softies sind auch nicht mehr gefragt, Yuppies haben sich längst überholt  - ergo muss ein neues Männerverständnis her. Und schon wird der Yummy als neue Identifikationsfigur präsentiert.

Dieser Young Urban Male ist laut Trendforschern und Marktbeobachtern Mitte Zwanzig, wirtschaftlich gut aufgestellt, lifestyle-orientiert und hat eine große Affinität zu Statussymbolen. Kein Wunder, denn die Wirtschaft, die solche Studien liebt, lebt vom Verkauf eben dieser exklusiven Alltagsbegleiter.

Und was bedeutet dies für das Pflegebewusstsein des Mannes? In jedem Fall nur Positives - zumindest für die Hersteller maskuliner Kosmetikprodukte, meint der deutsche Trendforscher und Konsumsoziologe Dr. Ragnar Willer. Er weiß, warum der Mann heute gerne seine Haut und damit auch sein Image pflegt und kehrt im Rahmen einer Präsentation für die Naturkosmetikmarke WELEDA die inneren Werte des Mannes nach außen.

Neues Selbstverständnis - Healthy is the new Sexy

Die Definition von Männlichkeit hat sich stark gewandelt. Wo einst Leistung auf Basis körperlicher Arbeit die Muskulatur, den Körper und damit auch das Selbstverständnis des Mannes formte, haben sich neue Rollenbilder entwickelt.

Die Kopfleister der digitalen Arbeitswelt sind in neue Arbeits- und Lebenswelten eingebettet. Statt Härte und Macht ist Kooperation und Empathie gefragt. Aus dem Familienerhalter ist ein Teilzeit-Vater geworden, der sich zwischen Kindergarten, Haushalt und Home Office bewährt.

Die Definition von Männlichkeit ist individueller geworden, weil auch die Lebenswelten heute eine Vielzahl von Facetten aufweisen. Und der Mann hat klar verstanden, daß ein gepflegtes Erscheinungsbild in jeder Situation nur hilfreich sein kann. Mehr noch - das Bewusstsein für Gesundheit und Attraktivität ist deutlich gestiegen und das Attribut "sexy" mißt sich an eben diesen Kriterien.

Den "Trend zum Bart" ortet Willer als neues Bekenntnis zu authentischer Männlichkeit. War Körperbehaarung noch vor nicht allzulanger Zeit ein No-Go, so gelten Bart und Körperbehaarung heute als Symbol für Männlichkeit, Attraktivität und Gesundheit, als Synonym für das Echte, Authentische. Infolge dessen boomen Barttransplantationen und der Vollbart steht hoch im Kurs. Und dieser braucht bekanntlich sorgfältige Pflege.

Auch das Abenteuer bekommt eine neue Komponente: "Klassische Rasiermesser sind zumeist ausverkauft," erklärt Willer. "Zwar rasieren sich die wenigsten damit, aber es zu besitzen, das ist Abenteuer pur".

Anti-Aging mit mehr Selbstbewusstsein

Der aktiv geführte Kampf gegen das Alter hat in der männlichen Zielgruppe ebenfalls an Dynamik gewonnen, Männer wollen in gleichem Maße wie Frauen den Alterungsprozeß hintanhalten und suchen entsprechende Lösungen - sei es in der Hautpflege oder auch durch ästhetische Korrekturen.

Die Zuwachsraten bei Männerkosmetik liegen bei 6 % mit steigender Tendenz. Nun ist zwar die Basis klein und damit jede Produkteinführung bereits eine positive Bewegung des Marktsegmentes, doch das Bewusstsein des männlichen Klientels hat deutlich zugenommen.

Vor allem bei Stress-induzierter Optik wie Augenschatten, grauer Teint, trockene Lippen und Hautunreinheiten wird heute verstärkt zu kosmetischer Unterstützung gegriffen. Und je einfacher, wirksamer  und lösungsorientierter das Produkt daherkommt, umso mehr lieber wird es gekauft. Denn am Ende des Tages will der Mann authentisch sein. Und '"being real" darf auch gerne gepflegt sein.

Hinzu kommt die Wendung in Richtung natürlichem Lebensstil, gefragt ist das Authentische, das Echte. Das Wissen um Herkunft und Inhaltstoffe hat an Bedeutung gewonnen. Verantwortungsvoller Konsum gehört heute ebenso zum Selbstverständnis.

“Guyliner” oder “Manscara”

Der Trendreport '"State of Men" des US-Agentur JWT aus dem Jahre 2013 zeigt, daß Männer und Frauen sich zum  Thema Aussehen heute mit ähnlichen Herausforderungen beschäftigen. 80 % der Männer empfinden enormen Druck, einen attraktiven Körper zu haben. Der Bierbauch gilt bei Männern als die größte Problemzone, gefolgt von den "Love Handles" (d.h. Speckringe an den Hüften) und fehlenden Sixpacks. Haarverlust und Falten werden von 30 % als gleich unangenehm empfunden.

Die regelmäßige Verwendung von Gesichts- und Körperpflege findet zunehmend Eingang in das alltägliche Hygiene- und Pflegeritual. Es sind hier vor allem die Millenials - Altersgruppe zwischen 18 und 34 Jahren - federführend.

Mehr als die Hälfte der befragten Männer greift zu Gesichts- und Augenpflege, auch die Lippenpflege erfreut sich mit fast 40 % großer Beliebtheit. Und Teint-Optimierer wie Selbstbräuner, Bronzer und Foundation sowie Concealer finden sich bei fast jedem vierten Mann.

Und auch die ethischen Werte sind angekommen. "Männer wollen natürliche Pflegeprodukte, Naturkosmetik ist da ein großes Thema", erklärt Willer. Dies trifft sich mit dem neuen Selbstverständnis, denn Soft Skills wie Manieren, Wissen und Intelligenz sowie Empathie und Hilfsbereitschaft stehen ganz oben in der Werte-Skala.

Quelle: JWT Studie "State of Men" US/UK